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Kevin Kühnert: Was der SPD-Generalsekretär von den Royals lernen kann


Hier fehlt ihm Kompetenz
Was Kevin Kühnert von den Royals lernen kann

  • Nicole Diekmann
MeinungEine Kolumne von Nicole Diekmann

Aktualisiert am 14.09.2022Lesedauer: 4 Min.
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Kevin Kühnert und das Twitter-Profil von Kate und William: Der SPD-Generalsekretär könnte sich hier ein Beispiel nehmen, findet unsere Kolumnistin Nicole Diekmann.Vergrößern des Bildes
Kevin Kühnert und das Twitter-Profil von Kate und William: Der SPD-Generalsekretär könnte sich hier ein Beispiel nehmen, findet unsere Kolumnistin Nicole Diekmann. (Quelle: DesignPics / Rüdiger Wölk / t-online Collage t-online/imago images)

Das britische Königshaus hat sich gerade in einer Hinsicht als höchst modern gezeigt. Ausgerechnet Kühnert könnte davon lernen.

Was haben Kevin Kühnert und das britische Königshaus gemeinsam? Auf den ersten Blick so gut wie gar nichts. Auf der einen Seite die Monarchen mit ihren völlig aus der Zeit gefallenen Ritualen und angestaubten Traditionen. Auf der anderen Seite der jugendliche, sozialdemokratische Generalsekretär, der mit Krawatte wohl ähnlich absurd wirken würde wie König Charles III. mit Nasenring.

Altmodische Royals vs. dynamischer Weltverbesserer? Nicht immer sind die Rollen so klar verteilt, das zeigt ein Blick in die vergangene Woche. Am Donnerstag, Sie werden sich erinnern, starb die Queen. 96 Jahre alt ist Elizabeth II. geworden. So schmerzhaft ihr Tod für ihre Familie ist – ganz überraschend kommt er in einem derart stolzen Alter nicht. Sehr rasch erschien denn auch in den sozialen Netzwerken die Traueranzeige. Höchstprofessionell. Weil Text und Bild vorbereitet waren.

Planungen für die Beerdigung der Queen begannen in den 60er Jahren

Laut der "Daily Mail" begann die Planung der Beerdigung und der Trauerfeier der Queen bereits in den sechziger Jahren. Die Windsors sind halt nicht die Webers von nebenan. Natürlich überlassen die Royals auch bei Social Media nichts dem Zufall. So war es auch nach dem Tod der Queen.

Die Posts bei Twitter und Instagram gehen schließlich nicht darauf zurück, dass sich zwischendurch immer mal ein Mitglied der königlichen Familie kurz aus der Trauergruppe ausklinkt, mit dem iPhone in eine stille Ecke setzt und die Social-Media-Kanäle auf den neuesten Stand bringt. Dafür gibt es professionelles Personal.

Man hat relativ früh erkannt, wie wichtig die sozialen Netzwerke sind – vor allem als Familie, die ob ihrer hohen Kosten, die sie den hart arbeitenden Menschen abverlangt, immer wieder in der Kritik steht. Nahbar anmutende Kommunikation, Transparenz im Rahmen des Möglichen, ohne die Kontrolle zu verlieren – was könnte dafür ein besseres Vehikel sein als Twitter oder Instagram?

Sie beherrschen nicht das Volk – aber die Medienarbeit

In dieses Bild von einer hervorragenden Medienarbeit passt, dass Queen-Enkel William und seine Frau Kate Porträts ihrer Kinder über die offiziellen Kanäle posten lassen. Was schon existiert, wird kein begehrtes Gut. Williams Mutter wurde von Paparazzi in den Tod gejagt. Ihnen nehmen Kate und William zumindest teilweise den Wind aus den schäbigen Segeln.

Kate fotografiert George, Charlotte und den kleinen Louis dafür selbst. Es ist die maximalmögliche Balance zwischen Kontrolle und einer Fügung in die Tatsache, immer auch eine öffentliche Familie zu sein. Und eben auch eine Art Firma. Ein Familienunternehmen oder, präziser: ein modernes Unternehmen namens Familie.

Ab und an führt das zu relativ kühl anmutenden Effekten. Elizabeths Sohn Charles stieg direkt nach dem letzten Atemzug seiner Mutter zum König auf. Und Charles’ ältester Sohn William sowie dessen Frau Kate, zuvor Herzog und Herzogin von Cambridge, zum Prinzen und zur Prinzessin von Cornwall. Man konnte kaum so schnell gucken, die Queen war quasi noch warm, da war dieser neue Titel bereits ins Twitter-Profil der beiden eingefügt worden. Inzwischen findet sich dort der Titel "Princess and Prince of Wales". Zuletzt hatte Williams Mutter Diana ihn getragen; Charles’ zweite Frau Camilla hatte aus Respekt vor Lady Di darauf verzichtet.

Nahezu stümperhaft dem digitalen Zeitgeist hinterherhinkend wirkt da im direkten Vergleich SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Natürlich ist der 33-Jährige, der als Vorsitzender der Jusos Furore machte und die Altvorderen seiner eigenen Partei vor sich hertrieb, auch auf den sozialen Plattformen zu finden. Ja, mehr noch: Der Mann betreibt einen Podcast! Nur bei Twitter, da will er nicht mehr mitmachen.

Twitter führe zu "Irrtümern in politischen Entscheidungen", begründet Kühnert die Deaktivierung seines Accounts mit immerhin über 300.000 Followern. "Ich finde einfach, dass die Diskussionskultur, wie sie auf Twitter stattfindet, und auch die Art und Weise, wie dort Gesellschaft repräsentiert oder, ich würde sagen, absolut gar nicht repräsentiert wird, dass das zu Fehlschlüssen und Irrtümern in politischen Entscheidungen führt", sagt er.

Kühnerts Eingeständnis von Inkompetenz

Das ist nichts anderes als das Eingeständnis von Inkompetenz: Die Unfähigkeit, das große Bild zu sehen und ein Nischenmedium, das Twitter in Deutschland zweifelsohne ist, in dieses vernünftig einzuordnen. Eine Fähigkeit, die man von einem Spitzenpolitiker durchaus erwarten kann.

Immerhin: Kühnert bleibt der Linie der Politik, nicht nur der deutschen, treu: Die "Diskussionskultur", die er erwähnt, verdient ihren Namen nicht. Hass und Hetze sind der Treibstoff, der die sozialen Netzwerke am Laufen hält. Der Gesetzgeber hat diese Entwicklung jahrelang verschlafen. Nun sind die Tech-Riesen dermaßen mächtig, dass Politiker nur noch hilflos zuschauen. Oder sich halt abmelden.

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Ein hochrangiger Vertreter einer demokratischen Partei überlässt eine Sphäre des Austauschs und des Diskurses, die Twitter theoretisch ja ist und oft auch noch darstellt, antidemokratischen Kräften. Kurz: Kühnert hat dem Mob das Feld geräumt.

Man kann nur hoffen, dass er zurückkehrt. Diese Hintertür hat er sich offengehalten und sagte, vielleicht sei es ja nur ein Abschied auf Zeit. Er könnte sie nutzen, um sich für ein Aufräumen im Trollhaus zu engagieren. Dann gebührte ihm der Titel "König Kevin".

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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